Bolivien ist ein Land, das von der Natur her alles zu bieten hat. Ok, ausser Meer, da die Chilenen den Bolivianern im 19. Jahrhundert den Zugang zum Pazifik abgeluchst haben, in dem sie einfach frecherweise waehrend des Karnevals angegriffen haben (siehe dazu unten). Ansonsten gibt es Regenwald, gemaessigte Zonen, eine Hochebene mit Salzwuesten und natuerlich sehr hohe Berge.
Auf dem Altiplano, der einen grossen Teil des Landes ausmacht, ist es auch im Sommer frisch, schliesslich liegt es auch fast durchgaengig ueber 4000m hoch. Deswegen gibt es in Bolivien auch fast alles auf „hoechstem Niveau“, die hoechste Stadt der Welt (Potosi), Minen (auch Potosi), Irish Pub (in La Paz) und vieles mehr.
In den Staedten selbst geht es staendig auf und ab, ebene Flaechen sind da wirklich die Ausnahme und das ist auch der Grund, warum Stadtbesichtigungen in Bolivien sehr anstrengend sind. Die Staedte sind durchweg erstaunlich sauber, auch in der Metropole La Paz trifft dies zu. Grundsaetzlich kann man sich auch sicher fuehlen, wenn man sich sehr aufmerksam verhaelt und die empfohlenen Grundregeln aus den Reisefuehrern einhaelt. Dann sollte man auch vor boesen Ueberraschungen geveit sein…
Karneval ist das mit Abstand wichtigste Fest des Jahres und zum Hoehepunkt steht mehr oder weniger alles still. Ausgelassen wird tagelang gefeiert, fuer einen billigen Rausch 96%iger Alkohol getrunken und mit Wasserbomben-, Wasserpistolen- oder Seifenspraybeschuss muss man sich einfach abfinden. Hier verbinden sich auch traditionelle und christliche Ansaetze, die die sehr glaeubigen Bolivianer gerne gleichermassen verfolgen. So verwundert es nicht, dass einerseits gluecksbringende, behexte Lamafoeten unter jedem neuen Haus vergraben werden und trotzdem viele tagsueber zum Beten oder in einen der mindestens fuenf taeglichen Gottesdienste in die Kirche gehen.
Fanatisch sind die Bolivianer aber auch beim Fussball. Die Vereine mit den klingenden Namen wie „The Strongest“ (aus Sucre) oder „Real Potosi“ (mit kopiertem Real Madrid Wappen) aber kicken auf Oesi-Niveau, wenn man auch anerkennen muss, dass ein Match auf ueber 4000 m Hoehe doch recht anstrengend ist.
Bolivien hat den hoechsten Indogenenanteil an der Gesamtbevoelkerung in ganz Suedamerika (> 60%), was man auch sehr gut an den Gesichtern erkennen kann. Viele Menschen sind noch traditionell gekleidet, vor allem die Frauen tragen ihre langen Zoepfe unter einem kleinen Hut hervorquellend und einige Roecke uebereinander, um dem Schoenheitsideals eines breiten Beckens und dicken Hinterns zu entsprechen.
Seit ein paar Jahren hat Bolivien mit Evo Morales den ersten indigenen Praesidenten. Er ist eine nicht unumstrittene Figur, denn obwohl er bei einigen Teilen der Bevoelkerung aufgrund seiner kumpelhaften Art sehr beliebt ist, halten viele eher wenig von ihm. Es gelingt ihm offensichtlich auch nicht, die Probleme der einfachen Menschen zu loesen, und er scheint sich wohl auch zu einem typischen suedamerikanischen Politiker zu entwickeln. Gegen den Neoliberalismus im Allgemeinen und die multinationalen Konzerne mit Monopolstellung (?) im Besonderen zu wettern, ist eben noch keine Loesung, auch wenn das natuerlich eine bequeme Erklaerung fuer die eigene Lage darstellt.
Auch eine neue, seit kurzem geltende Verfassung, die vor allem den Indios mehr Rechte einraeumen soll, hilft da nicht weiter. Vielmehr hat sich die Regierung weitgehende Rechte und Befugnisse eingeraeumt, so kann Evo nun zum zweiten Mal hintereinander kanditieren. Ausserdem duerfen nun die bolivianischen Rohstoffreserven verstaatlicht werden. Viele Menschen bezweifeln aber gerade, dass das arme Land selbst in der Lage sein wird, die kapitalintensive Gewinnung zu betreiben. Ein paar reichere Provinzen haben auch die Verfassung abgelehnt und es gibt politische Kommentatoren, die Bolivien deswegen schon vor einer Zerreissprobe sehen.
Fuer Traveller ist Bolivien immer noch ein gut zu bereisendes Land. Die Menschen begegnen einem grundsaetzlich sehr freundlich, es ist sehr guenstig und die mit den Touristen befassten Leute versuchen Englisch zu sprechen, wenn es mit dem Spanisch nicht so klappt, und sind auch sonst im Rahmen der suedamerikanischen Moeglichkeiten sehr bemueht. Gewoehnungsbeduerftig sind allerdings stundenlange Busfahrten ohne Ess- oder Pinkelstopps.
Alles in allem faengt einen in Bolivien das „Suedamerikagefuehl“ voll ein und es macht richtig Spass, in dieses vielfaeltige Land einzutauchen.
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